BLASENSCHWÄCHE / REIZBLASE

LEBEN MIT (IN)KONTINENZ

Tabus sind sowas von gestern. Wir sprechen wie ein Wasserfall darüber!

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HARNINKONTINENZ-BETROFFENE IN ÖSTERREICH

MÄNNER ≠ FRAUEN

Aus verschiedenen Gründen sind Frauen häufiger betroffen als Männer. In oder nach den Wechseljahren kommt es zu einem Mangel des Sexualhormons Östrogen, dieser Mangel führt zu einer Rückbildung von Muskulatur und Bindegewebe im kleinen Becken. Zusätzlich wird der Beckenboden bei Frauen durch die Geburt eines Kindes, trotz seiner Flexibilität, überbelastet und dies schwächt mit zunehmenden Alter die Festigkeit des muskulären Beckenabschlusses.

Da der männliche Beckenboden der Druckbelastung durch eine Schwangerschaft nicht ausgesetzt ist und die Prostata für eine höhere Stabilität des Veschlusssystems sorgt, tritt eine Harninkontinenz bei Männer oft nur in Folge einer neurologischen Erkrankung oder nach operativen Eingriffen in der Prostata (Vorsteherdrüse) auf. Inkontinenz kann aber Männer und Frauen in jedem Alter treffen.

WAS IST INKONTINENZ?

Inkontinenz ist ein unwillkürlicher Harn- oder Stuhlabgang zur unpassenden Zeit und Ort. Damit ist jeder ungewollte Harn- und Stuhlabgang gemeint, wenn es dem Betroffenen nicht möglich ist, Zeit und Ort der Entleerung zu kontrollieren
Inkontinenz ist kein eigenes Krankheitsbild, sondern stellt ein Symptom einer zugrundeliegenden Krankheit dar.
Kontinenz ist hingegen die Fähigkeit, willentlich und zur passenden Zeit an einem geeigneten Ort die Blase/Darm zu entleeren.

Kontinenz beinhaltet weiterhin die Fähigkeit, Bedürfnisse zu kommunizieren, um Hilfestellungen zu erhalten, wenn Einschränkungen beim selbstständigen Toilettengang bestehen (Royle und Walsh zit. in Getliffe & Dolman 1997).

FORMEN VON HARNINKONTINENZ

Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz)

Es kommt auf Grund eines schwachen Beckenbodens und/oder eines defekten Verschlussmechanismus  zur Inkontinenz.

3 verschiedene Schweregrade:

  • Grad 1: Harnverlust beim Lachen, Husten und Niesen
  • Grad 2: Harnverlust beim Treppensteigen, Laufen, Springen oder schweren Heben
  • Grad 3: Harnverlust im Liegen (Positionswechsel) oder Gehen

Die Belastungsinkontinenz tritt häufig bei Frauen auf, die mehrere Kinder geboren haben. Übergewicht und hormonelle Veränderungen sowie Operationen im kleinen Becken können aber ebenso Ursachen sein.

Bei Männern ist diese Form der Inkontinenz eher selten, tritt aber gelegentlich nach Operationen an der Prostata auf.

Dranginkontinenz

Typisch für die Dranginkontinenz ist ein plötzlich einsetzender starker Harndrang. Während des starken Dranges verliert der oder die Betroffene tröpfchenweise, oder aber meist schwallartig Harn. Die Dranginkontinenz tritt häufig im fortgeschritten Alter auf Grund der altersbedingten Rückbildung des Blasenmuskels auf.

Harnwegsinfektionen akut oder chronisch, Stress, Blasensteine, Stoffwechselstörungen und neurologische Erkrankungen können die Dranginkontinenz auslösen.

Die Ursachen sind entweder eine Störung der Reizleitung zum Gehirn, eine falsche Information über eine volle Blase wird übermittelt, oder ein „Störfaktor“ in der Blase, dieser verursacht ein ständiges Zusammenziehen der Blase um eine Entleerung zu ermöglichen. (z.B. Blasenentzündung oder Blasensteine).

Man spricht hier auch von einer überaktiven (Reizleitung) oder übersensiblen (Störfaktor) Blase.

Mischinkontinenz

Diese Form der Inkontinenz ist eine Kombination aus Belastungs- und Dranginkontinenz. Das heißt es liegt ein schwacher Beckenboden vor und gleichzeitig besteht eine überaktive oder übersensible Blase.

Überlaufinkontinenz

Hier „tröpfelt“ der Harn ständig raus – die Blase läuft über. Die Ursachen hierfür sind oft vielfältig. Zum einen kann ein Hindernis am Blasenausgang die Ursache sein z. B: eine vergrößerte Prostata. Der Harn kann bei der Entleerung nicht mehr vollständig ablaufen und es bleibt Harn in der Blase zurück. Dieser führt wiederum zu einer Überdehnung der Blase oder zu chronischen Harnblasenentzündungen. Auch können Medikamente die Blase beeinflussen und ein Zusammenziehen des Muskels bei der Entleerung der Blase schwächen. Ebenfalls das Alter und die Abnahme der Kraft und Stabilität sind ein Grund für die Überlaufinkontinenz. Ein Hinauszögern der Blasenentleerung und damit eine chronische Überdehnung des Blasenmuskels über Jahre hinweg sind ebenso eine Ursache. Eindeutige Symptome bei der Überlaufinkontinenz sind ein dünner Harnstrahl, eine längere Entleerungszeit, oftmals „Startschwierigkeiten“ beim Harn lassen und die Bildung von Restharn.

Seltene Formen von Harninkontinenz

Bei der extraurethralen Inkontinenz erfolgt die Entleerung der Blase unter Umgehung der Harnröhre durch andere Öffnungen. Diese Art der Inkontinenz kann angeboren, aber auch erworben sein z.B. durch Fistelbildung nach Operationen, Verletzungen aber auch durch Narbenbildung auf Grund von onkologischen Bestrahlungen.

Eine neurogene Inkontinenz oder auch Reflexinkontinenz genannt, besteht wenn das Zusammenspiel zwischen Nervenzentrum und Blase gestört wird. Dies ist z. B. bei einer Querschnittlähmung der Fall. Aber auch Multiple Sklerose, Tumorerkrankungen im Gehirn oder an der Wirbelsäule, ein Schlaganfall oder andere neurologische Erkrankungen führen zu einer neurogenen Inkontinenz.

Von einer funktionellen Inkontinenz spricht man, wenn die Ursachen nicht im Bereich der Blase oder des Beckenbodens liegen, sondern in der Mobilität oder der Umgebung des Betroffenen. Der Betroffene spürt den Harndrang, kann diesen auch kontrollieren, ist aber auf Grund eines anderen Gebrechens wie z.B. einer Gehbehinderung, Demenz und anderen Ursachen nicht in der Lage die Toilette zeitgerecht aufzusuchen.

URSACHEN & GRADE

STUHLINKONTINENZ

Die 3 Schweregrade der Stuhlinkontinenz:

  • Grad 1: unkontrollierter Abgang von Winden, leichte Verschmutzung der Wäsche
  • Grad 2: unkontrollierter Abgang von dünnflüssigen Stuhl
  • Grad 3: unkontrollierter Abgang von festen Stuhl

Welche wesentlichen Ursachen für Stuhlinkontinenz gibt es?

  • Verletzung des Schließmuskels bzw. der Analhaut: durch Geburtstraumen, z.B. Dammriss, Fistelbildungen oder Tumore; Pfählungsverletzungen
  • Chronische Durchfälle: Morbus Crohn, Colitis ulcerosa
  • Chronische Verstopfung: bei weniger als 3 Stuhlentleerungen pro Woche sprechen wir von Verstopfung. Kot bleibt zu lange im Enddarm, es bilden sich Kotsteine, die den Weitertransport des Kots verhindern. Durch die Zersetzung des Stuhls durch Bakterien wird der Stuhl flüssig und läuft am festen Stuhl vorbei aus dem Enddarm
  • Nervenschädigungen: hier ist die Wahrnehmung im Analkanal auf Grund von neurologische Erkrankungen wie z.B. Schlaganfall, Querschnittslähmung, Multiple Sklerose, senile Dement uvm. gestört. Auch Hämorrhoiden können die Verschlussfähigkeit des Afters beeinträchtigen. Ebenso der Anal- oder Rectumprolaps (Vorfall) kann die Wahrnehmungssensibilität stören.
  • Verringertes Reservoir im Mastdarm: durch Tumor- und Fisteloperationen, Tumore im Beckenboden und im Mastdarm
  • Beckenbodenschwäche: im Laufe des Lebens verliert das Beckenbodengewebe an Elastizität. Besonders Übergewicht führt dazu, dass der Beckenboden sich senkt und die Scheide und der After überdehnt werden.